Festakt zum Tag der Deutschen Einheit an der Friedenseiche

Veröffentlicht am 04.10.2016 in Veranstaltungen

Bürgermeister Jürgen Hoffmann begrüßt die Bürgerinnen und Bürger zur Feierstunde und dankt für das zahlreiche Erscheinen trotz des widrigen Wetters. Unter den Gästen: Die stellvertretenden Bürgermeisterinnen Dorle Schmidt aus Selb, Uschi Schricker aus Thiersheim sowie Anni Kupfer aus Schirnding.
Unsere Landtagsabgebordnete und Vizepräsidentin des Bayerischen Landtags, Inge Aures, hält anschließend die Festrede zum Tag der Deutschen Einheit. Deutliche Worte, die zum Nachdenken anregen.
Danach lässt Pfarrer Prunhuber geistliche Gedanken über das Wirken Gottes bei der Deutschen Einheit einfließen und spricht von einem möglichen Wunder. Für die musikalische Umrahmung sorgt in bewährter Weise die Hohbercher Feierwehrkapelln.

Hier die Festrede von Inge Aures zum Nachlesen:

Verehrte Festgäste, sehr geehrter Herr Pfarrer,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

heute vor 26 Jahren, am 3. Oktober 1990, wurde für viele Menschen in Deutschland – auch für mich – ein Traum wahr: beide deutsche Staaten wurden wiedervereinigt zu einem Deutschland, das die volle Souveränität erlangte. Und das alles ohne Gewalt und ohne Blutvergießen. Man glaubt gar nicht, dass das alles schon wieder gut ein Vierteljahrhundert her sein soll. Für uns, die damals hautnah dabei waren und das Ganze ungläubig am Fernseher mitverfolgten, erzeugt die Geschichte immer noch ein gewisses Gänsehautgefühl. Für viele junge Menschen, die erst 1990 und später geboren sind, ist das vereinte Deutschland eine Selbstverständlichkeit und die DDR lediglich eine Begrifflichkeit aus den Geschichtsbüchern.

Wir sind heute aber auch hierhergekommen, nicht nur um die Deutsche Einheit zu feiern, sondern auch derer zu gedenken, die im Kampf um die Deutsche Einheit ihre Freiheit und ihr Leben gelassen haben. Ich denke da zunächst an die Arbeiter des 17. Juni 1953, die friedlich gegen die extrem schlechten wirtschaftlichen Bedingungen in der damaligen DDR protestierten. Die Proteste gipfelten in Gewalt mit rund 75 Todesopfern und der Niederschlagung des Aufstandes durch die Rote Armee. Dieser erste antistalinistische Aufstand wurde befeuert durch die Ignoranz der SED-Führung gegenüber den Bedürfnissen der Arbeiter einschließlich der Tatsache, dass die Arbeitsnormen drastisch erhöht werden sollten und zwar um zehn Prozent. Damit wollte das Zentralkomitee der SED den wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Land begegnen. Dieses Verhalten der Staatsführung wurde von den Arbeitern selbstverständlich als eine Provokation mit einer absehbaren Verschlechterung der Lebensbedingungen empfunden. Die Proteste sowie deren blutige Niederschlagung waren die Folge.

Wir gedenken heute der zahllosen Maueropfer bzw. derer, die ihre Flucht über die innerdeutsche Grenze mit dem Leben bezahlt haben. Das Zentrum für zeithistorische Forschung und die Stiftung Berliner Mauer nennen mindestens 138 Maueropfer, darunter 100 DDR-Flüchtlinge. Die Zentrale Erfassungsstelle der Landesjustizverwaltungen Salzgitter bezifferte die Anzahl der Todesopfer an der innerdeutschen Grenze auf insgesamt 872. Aber wie gesagt, hier gibt es letztendlich unterschiedliche Angaben, weil viele Opfer letzten Endes auch nur als Verdachtsfälle registriert wurden. Es gab jedoch auch spektakuläre Versuche, die innerdeutsche Grenze zu überwinden, denken Sie nur an die Flucht von zwei DDR-Familien mit dem Heißluftballon über den Grenzzaun.

Ein wesentlicher Punkt – ich will sagen eine wesentliche Voraussetzung – für eine erfolgreiche Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten war ganz sicher die Entspannungs- und Ostpolitik von Bundeskanzler Willy Brandt Anfang der 70er Jahre. Damals musste seine Regierung erhebliche Prügel einstecken, im heutigen Licht der Geschichte erscheinen seine Entscheidungen als richtig und vor allen Dingen haben Sie den Menschen, den Familien in Ost und West die Kontaktaufnahme und das Besuchsrecht spürbar erleichtert.

Heute werden die Verhaltensweisen der ungarischen Regierung gerade mit Blick auf deren restriktive Flüchtlingspolitik – ich denke mit Recht – kritisch betrachtet. Trotzdem müssen wir dem ungarischen Volk und seiner damaligen Regierung mehr als dankbar sein, als sie im Sommer 1989 den Grenzzaun zu Österreich durchschnitten und damit eine wahre Fluchtwelle von DDR-Bürgern in den Westen ausgelöst hat.

Die Ereignisse im Herbst 1989 brauche ich Ihnen heute sicherlich nicht mehr detailliert aufzuzählen: Montagsdemonstrationen, Gebete und Kerzen gegen die Schlagstöcke der Staatssicherheit, die Absetzung Erich Honeckers und die konfuse Ankündigung des Berliner SED-Bezirkssekretärs Günter Schabowski, der am Abend des 9. November 1989 aus Versehen die Grenzöffnung verkündete. Die ganzen Ereignisse führten letzten Endes zur raschen Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten, ganz sicher durch das Verhandlungsgeschick von Helmut Kohl und Hans-Dietrich Genscher. Aber insbesondere durch die friedliche Wehrhaftigkeit der Menschen in Ostdeutschland, die dem SED-Regime nach 40 Jahren deutlich machten, dass es kein Volk mehr hat.

Jeder von uns, der damals ganz nah dabei war – und das waren wir hier im Grenzgebiet – hat so seine eigenen Erfahrungen mit der Wiedervereinigung gemacht. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als die ersten Trabis auf der Autobahn gen Westen fuhren, das stand ich auf der Brücke in Gefrees und habe ihnen mit dem Taschentuch zugewunken. Oder als nach dem 9. November eine wahre Trabi- und Wartburg-Invasion in Kulmbach ankam, kein Parkplatz mehr in der Stadt frei, in der Luft lag der Geruch des Zweitakter-Benzingemischs und damals hatten sogar am Sonntag die Geschäfte geöffnet. Aber eines war ganz besonders: die Freude der Menschen aus Ostdeutschland und die Herzlichkeit der Menschen im Westen war einmalig. Damals spürte man: hier wächst zusammen, was zusammen gehört.

Und heute? 26 Jahre nach der Wiedervereinigung bewegen andere Themen und Themenschwerpunkte die Menschen in Deutschland. Zukunftsängste, Angst vor terroristischen Attacken und natürlich auch die große Anzahl an Menschen, die in unserem Land Zuflucht suchen.

Ich bin der Meinung, dass Deutschland innerhalb der Europäischen Union starke Partner braucht, um die Fluchtursachen zu bekämpfen und eine Verteilung der Flüchtlinge auf den gesamten EU-Raum fair und gerecht zu gestalten. Deshalb finde ich es unsagbar schlimm, dass sich einige EU-Mitglieder mit billigen Argumenten aus der Verantwortung stehlen wollen, und sagen, die Bewältigung der Flüchtlingsströme sei einzig und alleine eine deutsche Angelegenheit. Wenn Europa in dieser zentralen Frage versagt, dann frage ich mich schon, welchen Sinn die Europäische Union eigentlich noch hat. Seien Sie doch mal ehrlich zu sich selbst: Würden Sie in Aleppo bleiben? Ich nicht.

Was wir heute mehr denn je brauchen ist ein starkes und geeintes Europa mit einem starken, aber nicht überheblichen Deutschland, das seine Verantwortung kennt und nach Recht und Gesetz handelt.

Wir haben vor 26 Jahren unsere Freiheit erhalten, das wissen viele heutzutage nicht mehr zu würdigen. Die Deutsche Einheit ist ein Geschenk, das nicht selbstverständlich war, die Freiheit haben sich unsere Brüder und Schwestern in der damaligen DDR erkämpft, mit vielen Bündnissen und Bürgerforen. Das sollten wir nicht vergessen.

Seit über 70 Jahren leben wir in Mitteleuropa in Frieden und Freiheit, einen derart langen Zeitraum ohne Krieg und Vertreibung hat es bei uns noch nicht gegeben. Uns geht es gut, wir müssen keinen Hunger leiden, die meisten haben ein Dach über den Kopf, die Kinder können in den Kindergarten und in die Schule gehen, es gibt Universitäten, Fachhochschulen und Handwerksbetriebe, die jungen Menschen fit für die Zukunft machen.

Die Gesundheitsversorgung ist bei uns Eins A. Jeder, der etwas hat, kann innerhalb kürzester Zeit einen Arzt aufsuchen, ich gebe zu im ländlichen Raum dauert dies etwas länger als in den Ballungszentren. Wenn wir in den Supermarkt gehen, dann finden wir alle Güter des täglichen Bedarfs, Brot, Butter, Wurst, Käse, Obst, Gemüse, Getränke. Das ist Deutschland.

Deutschland ist stark und angesehen in der Welt. Wir können stolz sein auf das, was sich in den letzten beiden Jahrzehnten hier entwickelt hat, gleichwohl noch sehr viel zu tun ist. Wir müssen aber auch unsere Verantwortung wahrnehmen und Menschen helfen, die wirklich in Not sind. Das ist unsere humanitäre Pflicht und entspricht unseren christlichen Wertvorstellungen. Obergrenzen sind hier fehl am Platz.

So halten wir zusammen um unserer Jugend eine gute Zukunft vorzubereiten.

 

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