Superregierung schönt Wirklichkeit

Veröffentlicht am 29.11.2012 in Soziales

Die Bundesregierung hat ihren Armutsbericht an einigen zentralen Stellen geschönt. Hinweise auf die zunehmende soziale Spaltung in Deutschland finden sich, einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zufolge, nun nicht mehr. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles zeigte sich empört: "Die Bundesregierung vertuscht und sagt den Menschen nicht, was ist."
Wie die "Süddeutsche" in einem Vergleich des Entwurfs vom September 2012 und der ihr vorliegenden Endfassung feststellte, fehlt zum Beispiel der Satz: "Die Privatvermögen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt". Ebenso gestrichen wurde ein Verweis auf die zunehmende soziale Ungleichheit: "Während die Lohnentwicklung im oberen Bereich positiv steigend war, sind die unteren Löhne in den vergangenen zehn Jahren preisbereinigt gesunken. Die Einkommensspreizung hat zugenommen."

Soziale Spaltung findet nicht mehr statt

Der erste Entwurf hatte im Anschluss an diese Feststellung noch davon gesprochen, dass dies "das Gerechtigkeitsgefühl der Bevölkerung" verletzen und "den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden" würde. Im nun erschienenen Bericht wird laut „Süddeutsche Zeitung“ stattdessen behauptet, sinkende Löhne seien "Ausdruck struktureller Verbesserungen" am Arbeitsmarkt. Laut Regierung seien im unteren Lohnbereich viele neue Vollzeitstellen entstanden und Erwerbslose wären so in Beschäftigung gekommen.

Auch ein Satz über den wachsenden Niedriglohnsektor fiel der Schönheitsoperation am Bericht zum Opfer. So hieß es ursprünglich: "Allerdings arbeiteten im Jahr 2010 in Deutschland knapp über vier Mio. Menschen für einen Bruttolohn von unter sieben Euro." Davon nun kein Wort mehr.

Wirklichkeitsminister Rösler

Die Änderungswünsche gehen dem Vernehmen nach vor allem auf das Konto des Wirtschaftsministeriums unter Philipp Rösler (FDP). Dieser hatte den ersten Entwurf als "nicht ressortabgestimmt" kritisiert gesagt, dass dieser daher "auch nicht der Meinung der Bundesregierung" entspreche. Ein Sprecher des Arbeitsministeriums von Ursula von der Leyen (CDU) nannte Änderungen an solchen Berichten einen "ganz normalen Vorgang", da diese von allen Ressorts freigegeben werden müssen.

Nahles: Regierung vertuscht die Fakten

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hingegen reagierte mit scharfen Worten auf die berichtliche Schönfärberei der Regierung: "Die Bundesregierung vertuscht und sagt den Menschen nicht, was ist." Berichte ließen sich schönen, "aber die Realität spricht eine andere Sprache: Die Menschen merken, dass etwas aus dem Gleichgewicht geraten ist, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht."
Wie schon bei den Kosten für die Eurokrise erzählt die Regierung den Menschen in Deutschland nicht, was wirklich los ist in diesem Land. Mit der erneuten Verleugnung der gesellschaftlichen Realität entlarvt sich die Regierung jedoch letztlich selbst, denn: "Wer die Realität ausblendet und ignoriert, kann keine gerechte Politik machen," so Nahles.
Die SPD hingegen hört den Menschen nicht nur zu, sie sagt auch was ist und was sich ändern muss: "Wir brauchen jetzt einen gesetzlichen Mindestlohn und wir brauchen eine Vermögenssteuer, um die Lasten gerechter zu verteilen. Wer die kleineren Einkommen schützen will, darf nicht die Gesundheits- und Pflegerisiken privatisieren und die Menschen auf den Kosten sitzen lassen. Wer gegen Altersarmut kämpfen will, müsste heute gegen Erwerbsarmut vorgehen. Lohndumping, immer mehr prekäre Arbeitsverhältnisse, schlecht ausgestatte Schulen oder eine Zwei-Klassen-Medizin sind weder sozial noch gerecht. Wir wollen unser Land wieder ins Gleichgewicht bringen."

Die Wüste des Realen: Prekäre Arbeit, Niedriglöhne, Armut

Wie skandalös die schwarz-gelbe Kosmetik am Armutsbericht wirklich ist, wird durch einen Blick auf die neuesten Zahlen zur sozialen Entwicklung leicht sichtbar: Nur noch 60 Prozent arbeiten in unbefristeten und sozialversicherten Vollzeitjobs. 23 Prozent arbeiten im Niedriglohnsektor. Es gibt inzwischen 900.000 Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter Rund 7,4 Millionen Menschen arbeiten in Minijobs. Über zwei Millionen Menschen verdienen heute weniger als sechs Euro brutto in der Stunde, über eine Millionen muss dieses "Gehalt" mit Arbeitslosengeld II aufstocken. Jede oder jeder Fünfte in Deutschland ist arm, in einigen Großstädten inzwischen schon jede oder jeder Vierte.

Frauen am schlimmsten betroffen

Frauen sind von diesen Zuständen übrigens am schlimmsten betroffen: Zum einen verdienen vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmerinnen im Schnitt 21,6 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen, zum anderen arbeitet Frauen häufig in Teilzeitjobs. Von der Gesamtzahl der Beschäftigten in Teilzeitarbeit – in Deutschland immerhin gut ein Viertel aller Angestellten – ist die Hälfte weiblich.

SPD kämpft gegen soziale Spaltung

All dies will die "erfolgreichste Bundesregierung seit der Wiedervereinigung" (Bundeskanzlerin Angela Merkel, CDU) nicht wahrhaben, sie verschweigt es – und sie hat kein politisches Rezept gegen diese Entwicklung.

Der designierte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück findet dagegen klare Worte: "Es ist etwas aus dem Lot geraten", sagt er – und kündigt der sozialen Spaltung den Kampf an. Die SPD sei dafür bestens aufgestellt, so Steinbrück: Nicht nur hat sie als einzige Partei ein schlüssiges Rentenkonzept, sie hat auch auf alle anderen Politikfelder klare Vorhaben, um Deutschland wieder gerechter zu machen: Von der Regulierung des Finanzsektors, über die Einführung der Bürgerversicherung bis hin zu einer gerechteren Besteuerung großer Vermögen.
Nach dem SPD-Parteikonvent hatte Steinbrück zudem klar gemacht: "Die SPD wird eine klare Strategie der Unterscheidung gegenüber der CDU/CSU fahren." Es werde bei der nächsten Bundestagswahl um nichts als um die Frage gehen, welchem Gesellschaftsbild die Deutschen in Zukunft folgen wollen. Die SPD wolle eine "am Gemeinwohl orientierte" Politik betreiben, so Steinbrück: "Wir-Werte statt Ego-Werte."

 

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